“Vielleicht”, “Unter bestimmten Bedingungen”, “Kann schon sein” – diese oder ähnliche Aussagen höre ich jeden Tag und gebe sie nicht selten selbst von mir. Denn das Leben ist nicht immer leicht zu planen oder vorherzusehen.
Insbesondere, wenn wir uns aus unserer persönlichen Wohlfühlzone entfernen und für uns ungewohnte oder neuartige Dinge ausprobieren. Die meisten davon sind vielleicht kompliziert und können mit genügend Information, Übung und Einsatz gemeistert werden. Schreiten wir jedoch weiter und begeben uns auf das Gebiet komplexer Organismen, wie die soziale Interaktion zwischen Menschen oder den globalen Finanzsystemen, haben wir es hingegen mit komplexen Fragestellungen zu tun.
Diese Erkenntnis ist ausschlaggebend, um sich wieder mit den Unsicherheiten des täglichen Lebens anzufreunden. “Komplizierte Fragestellungen” lassen sich gut meistern, wohingegen “komplexe Fragestellungen” immer mit Unsicherheiten und notwendiger Anpassung einhergehen.
Kompliziert und Komplex – so ist das Leben
Viele alltägliche Herausforderungen und Probleme sind eher von komplizierter Natur. Sie bestehen aus diversen Faktoren, die miteinander in Verbindung stehen, aber dennoch überschaubar sind. Daher könne wir lernen diese komplizierten Zusammenhänge mit ausreichend Information, Übung und fortlaufender Erfahrung zu meistern. Zu diesen zählen unter anderem die Bedienung des neuen Handy, das Erlernen der Spielregeln eines Brettspiels oder die Regeln bestehender Gesetze – na ja, zumindest solange bis ein Anwalt das anders sieht.
Komplexe Zusammenhänge sind von etwas anderer Natur. Diese sind nicht so klar definiert und folgen auch keinen wiederholbaren Regeln. Sie entwickeln sich eher dynamisch und können zu jeder Zeit unvorhersehbare Wirkungen erzeugen, welche es praktisch unmöglich machen, diese zu planen. In diesem Zusammenhang spricht man auch von Fernwirkungen, welche zu einem späteren Zeitpunkt auftreten und bei der Planung nicht bekannt sind oder sein können.
Für all jene, die es gerne mathematisch mögen – also ein oder zwei Leser – entwickeln sich komplizierte Systeme in linearer Weise, wohingegen komplexe Systeme eine eher nicht-lineare Entwicklung aufweisen.
Unsicherheiten gehören dazu und können neue Möglichkeiten ergeben
Was können wir nun daraus lernen? Welche Schlüsse können wir daraus ziehen?
Das Leben ist nicht berechenbar oder folgt einer definierten Anweisung – es entwickelt sich auf diversen Bahnen und ohne vorhersehbare Strukturen. Daher ist es leider oft ein Trugschluss, alles kontrollieren zu können oder durch vermeintliche Sicherheiten zu glauben, das Leben im Griff zu haben.
Leben und komplexe Zusammenhänge beinhalten immer Unsicherheiten. Wir müssen daher lernen und akzeptieren, dass diese existieren und zu jeder Zeit auftreten können. Sei es bei der Planung des bevorstehenden Urlaubs oder umzusetzenden Projektes, der Auswahl der Altersvorsorge oder dem Tippen des nächsten Fußballweltmeisters – ganz ehrlich, wer hätte geglaubt, dass Kroatien gegen Frankreich im Endspiel steht?
Wir müssen offen sein für Neues, den Fortschritt willkommen heißen und uns mit anderen austauschen, um der Komplexität des Lebens begegnen zu können. Dadurch können wir unterschiedliche Ansichten in unseren Entscheidungen berücksichtigen und diese aus verschiedenen Standpunkten betrachten.
Leben heißt Entscheidungen zu treffen und dadurch manchmal seine Ziele zu erreichen und manchmal eben nicht – doch selbst dann lernt man wieder etwas Neues fürs Leben!